Der König der Apfeldiebe oder Tod eines bolivianischen Kindes PDF Drucken E-Mail
 
Neben dem „traditionellen“ Kreuzweg, den ich schon vorgestellt habe, haben wir 2007 am Karfreitag in Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde Quillacollo und dank eines besonders toleranten Pfarrers auch einen „alternativen“ Kreuzweg aufgeführt, den ich nach einer wahren Begebenheit extra für diesen Anlass geschrieben habe. Das Stück trägt den Titel „Die Passion eines bolivianischen Kindes oder der König der Apfeldiebe“ gegeben habe. Dieser Kreuzweg erzählt ebenfalls in 15 Stationen oder Szenen den Leidensweg eines Jungen, der als Anführer einer Bande von Apfeldieben ins Erziehungsheim geschickt und dort buchstäblich gekreuzigt wird. Begleitet wird der als Straßentheater und Prozession konzipierte Umzug von 15 eigens dafür geschriebenen Liedern und Gebeten, die sich auf das Leiden und auf die Misshandlungen, die den Kindern auf dieser Welt angetan werden, beziehen. Jesus und seine Anhänger, auch die zusammen mit ihm gekreuzigten Räuber, werden als Straßen- und Arbeiterkinder dargestellt. Die Rolle des einen Räubers spielt in diesem Falle ein ausgebeutetes Dienstmädchen, während sich der andere in einen Jungen, der in den Minen arbeitet, verwandelt. In den Zinn- und Silberminen Boliviens werden bis heute oft kleine Jungen eingesetzt, um die herausgebrochenen Mineralien durch die engsten und niedrigsten Stollen ins Freie zu schleppen. Die Hohepriester, die Pharisäer und das Volk werden oft als kurzsichtige, engstirnige und intolerante Erwachsene dargestellt. Sie werden durch einen Arzt, eine Hausfrau, einen Anwalt, eine Sekretärin und durch einen Lehrer ersetzt. Pilatus ist in unserem Stück ein Jugendrichter und Maria eine arme Straßenkehrerin. Durch die stationsweisen Schilderungen der Leidensgeschichte der bolivianischen Kinder wird gewissermaßen die Passionsgeschichte Jesu wiedergegeben, wenn man sich folgende seiner Worte vergegenwärtigt: "Was ihr getan habt dem geringsten meiner Brüder, das habt ihr mir getan".

 Stefan Gurtner, Juli 2011

 


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