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Liebe Freunde,
da ab nächstem Jahr dieser Brief nicht mehr unter dem Logo von Tres Soles sondern von Indigo Sol verschickt wird, empfinden wir es euch gegenüber als eine Notwendigkeit, eine statistische Bilanz der 32 Jahre ununterbrochener Arbeit (1989-2021) im Projekt Tres Soles zu ziehen. Da wir von jedem einzelnen der 217 Mädchen und Jungen, die zu verschiedenen Zeitpunkten und in verschieden langen Zeitspannen in der Kinder- und Jugendwohngemeinschaft gewohnt haben, eine Akte erstellt haben, war es relativ einfach, aber natürlich auch zeitraubend, die nachfolgenden Informationen zusammenzustellen.
Kinder- und Jugendwohngemeinschaft Tres Soles
- Unter den insgesamt 217 Kindern und Jugendlichen gab es 158 Jungen (72,82%) und 59 Mädchen (27,18%). Die Erklärung dafür liegt darin, dass sich die Eltern – in der Mehrzahl alleinerziehende Mütter – besser um ihre Töchter als um ihre Söhne kümmern und jene bei sich behalten wollen, wenn es irgendwie möglich ist.
- 87 Kinder und Jugendliche (40,09%) - 58 Jungen und 29 Mädchen – konnten wir erfolgreich in ihre Familien zurückführen, da das Recht auf ein Leben in einer Familie gesetzlich verankert ist, was jedoch oft ein langer und komplizierter Prozess war. Dieser hohe Prozentsatz ist eigentlich der beste Beweis dafür, dass wir diese Aufgabe voll und ganz - vor allem auch im Sinne des Jugendamtes- erfüllt haben, das uns immer wieder vorwarf, zu wenig dafür getan zu haben.
- 58 Kinder und Jugendliche (26,73%) – 52 Jungen und 6 Mädchen - verließen das Projekt, bevor sie ihre Volljährigkeit erreichten. Auf den ersten Blick mag auch dieser Teil, rund ein Viertel, hoch erscheinen. Die Gründe, die dazu geführt haben, waren jedoch vielfältig und hingen nicht immer von uns ab: viele Kinder schickte uns das Jugendamt nur für einige Wochen oder Monate, um dann andere Lösungen als eine definitive Einweisung in unser Projekt zu finden. Andere konnten sich nicht an ein häusliches Leben oder an einen regelmäßigen Schulbesuch gewöhnen. Wieder andere zerstritten sich mit ihren Mitbewohnern, konnten den Alkohol oder die Drogen nicht lassen oder wollten einfach die Freiheit zurückgewinnen, die sie auf der Straße trotz allen Elends genossen.
- 66 Jugendliche (30,41%) – 48 Jungen und 18 Mädchen – schlossen während ihrer Zeit in Tres Soles ihr Abitur ab, das heißt, manche noch vor Erreichen der Volljährigkeit. Ohne uns selbst loben zu wollen, zeigt doch dieser Umstand, dass wir der Wiedereingliederung in die Schule und auch der täglichen Hausaufgabenhilfe viel Bedeutung zugemessen haben.
- 49 junge Erwachsene (22,58%) – 33 Jungen und 16 Mädchen) konnten nach dem Auszug aus der Kinder- und Jugendwohngemeinschaft mit unserer Unterstützung eine Ausbildung abschließen: 22 eine handwerkliche oder technische Ausbildung, 3 eine Theaterausbildung und 8 ein Studium an der Universität. Auch an diesem Prozentsatz sieht man an, dass wir großes Gewicht darauf gelegt haben, die Jugendlichen zu einer Berufsausbildung zu motivieren, besonders seit 2009, als wir das Studenten- und Lehrlingsheim Luis Espinal übernahmen, wohin die über 18-Jährigen umziehen konnten.
Nachbetreuung der ehemaligen Bewohner der Kinder- und Jugendwohngemeinschaft Tres Soles
- Zwischen 2020 und 2021, als klar wurde, dass die Kinder- und Jugendwohngemeinschaft geschlossen werden musste, wurden 17 Kinder (7,83%) - 9 Jungen und 8 Mädchen - in privaten, nicht staatlichen Heimen untergebracht.
Bereits seit eineinhalb Jahren funktioniert unser Nachbetreuungsprogramm, das heißt die Kinder werden von uns bei diesem Prozess begleitet, wie wir bereits in früheren Rundschreiben berichtet haben.
Studenten- und Lehrlingsheim Luis Espinal
- Insgesamt konnten 63 junge Erwachsene – 32 Jungen und 31 Mädchen –im Studenten- und Lehrlingsheim Luis Espinal, in dem außer den ehemaligen Bewohnern der Kinder- und Jugendwohngemeinschaft auch junge Frauen und Männer aus anderen Heimen und aus bedürftigen Familien aufgenommen werden, mittels eines Stipendiensystems eine handwerkliche (19) oder akademische Ausbildung absolvieren (44). Die angegebenen Daten beziehen sich auf die Jahre 2009-2022.
Oft wurde dieses Projekt vielleicht als zweitrangig betrachtet, aber in Wirklichkeit ist es äußerst wichtig, erfolgreich und wohl einzigartig in dieser Art in Bolivien, denn normalerweise sehen Kinder- und Jugendprojekte ihre Arbeit als abgeschlossen an, wenn die Bewohner volljährig werden. Aus diesem Grund wird das Studenten- und Lehrlingsheim unter dem Schirm von Indigo Sol in demselben Rahmen fortgesetzt werden.
Unterstützung von Indigo Sol
- Was den Mittagstisch und die Aufgabenhilfe von Indigo Sol betrifft, können wir erwähnen, dass zwischen 2022 und 2023 insgesamt 47 Kinder - 32 Jungen und 15 Mädchen - von diesem Programm profitieren konnten. Verantwortlich für diese Arbeit sind unsere Tochter Stefania und unser Schwiegersohn Christian (Fanny ist ausserdem Koordinatorin für das Lehrlings- und Studentenheim und Christian unser Rechtsberater). Auf unserer neuen Website, die dank Silvan Greverus und Familie Heumann fast fertiggestellt ist, kann man zu Indigo Sol folgendes lesen:
„Wir sind eine nichtstaatliche, gemeinnützige Organisation mit dem Ziel, die Heimunterbringung und den Schulabbruch von Kindern zu vermeiden, indem wir den Kindern helfen, ihre schulischen Leistungen sowie ihre Ernährung zu verbessern. Ebenso sollen ihre intellektuellen Fähigkeiten gefördert und der Wunsch nach Weiterentwicklung in ihnen geweckt werden, unterstützt durch Aktivitäten, die ihre sozialen und kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten fördern.“
Am Schluss muss hinzugefügt werden, dass viele Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit schweren, gesundheitlichen Problemen (Tuberkulose, Haut- und Geschlechtskrankheiten, chronische Unterernährung, Zahnschäden usw.) zu uns kamen, sowohl die Mädchen und Jungen in der Kinder- und Jugendwohngemeinschaft Tres Soles als auch im Studenten- und Lehrlingsheim Luis Espinal. In allen Fällen erhielten sie teilweise aufwändige ärztliche und zahnärztliche Betreuung, denn auch hier hat der Staat leider keinen Centavo beigesteuert. Trotz dieser Bemühungen starb im Jahr 2003 ein Junge an einem Herzklappenfehler, was für uns ein sehr traumatisches Erlebnis war.
An dieser Stelle möchte ich mich noch entschuldigen, denn Zahlen und statistische Daten sind immer schrecklich trocken und spiegeln nicht immer die ganze Dimension der geleisteten Arbeit wider, aber ich glaube, dass ich sie allen Menschen, die uns in dieser langen Zeit treu und selbstlos unterstützt haben, schuldig war. Was bleibt und das ist uns das Wichtigste, dass die Lebenswege all dieser Kinder durch unser Einwirken im Rahmen von Solidarität und Respekt positiv beeinflusst werden konnten. Viele dieser „Erfolgsgeschichten“ habe ich auf unserer Internetseite (www.tres-soles.de), in meinen Rundbriefen und meinen beiden Büchern über Tres Soles (Die Straßenkinder von Tres Soles und Das Projekt Tres Soles) beschrieben, sozusagen als „menschliche“ Bilanz, die durch Daten nicht messbar gemacht werden können. In diesem Sinn möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die Verständnis für unsere Lage haben und uns immer noch moralisch und finanziell unterstützen.
Liebe Grüße, Guisela und Stefan Gurtner
Die Straßenkinder von Tres Soles Das Kinder-und Jugendprojekt Tres Soles
Verlag: Edition Av Preis: 18,-€ Fortsetzung zu "Die Straßenkinder von Tres Soles" Erscheinungsjahr 2007 Verlag: Edition AV Preis: 18,00€
Erscheinungsjahr 2014 ISBN-Nummer: 978-3-936049-79-4 ISBN-Nummer: 978-3-86841-109-6
Artesanías- oder Buchbestellungen könnt ihr gerne entweder an
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oder an
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richten!
www.tres-soles.de www.stefan-gurtner.de
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Presseartikel zu Indigo Sol April 2023 |
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Presseartikel veröffentlicht in der Tageszeitung Opinión, 2. April 2023
(https://www.opinion.com.bo/articulo/cultura/consolidan-comedor-popular-ninos-area-rural-quillacollo/20230331223138902352.html).
Eine Gruppe von Mädchen besucht die ländliche Suppenküche in Quillacollo
Die KInder essen im ländlichen Zentrum zu MIttag
Ein Mädchen greift sich einen Nachtisch bei Indigo Sol
Kinder tragen Kisten mit Spielsachen und Büchern, die ihnen zur Förderung des Lesens angeboten werden
Eine Gruppe von Kindern beim Nachmittags- Snack bei der NRO
EINRICHTUNG EINER SUPPENKÜCHE FÜR KINDER IM LÄNDLICHEN QUILLACOLLO
Das Projekt Indigo Sol, das 2022 ins Leben gerufen wurde, bietet Familien und Kindern in der Gemeinde Chojñacollo im Norden dieser Gemeinde eine umfassende Lebensmittelversorgung. Wenn die Schulglocke läutet und der Magen knurrt, haben 25 Kinder aus Chojñacollo in Quillacollo einen Ort, an dem eine warme Mahlzeit auf sie wartet: Índigo Sol. Seit letztem Jahr hat eine Gruppe von Fachkräften dieses soziale Projekt ins Leben gerufen, das gefährdeten Kindern in Quillacollo in Form einer Suppenküche und schulischer Unterstützung direkt zugutekommt. Die Initiative ist Teil der Versuchsphase der Nichtregierungsorganisation (NRO) Indigo Sol, die in diesem Jahr die Rechtspersönlichkeit erhielt, um ihre Arbeit in diesem ländlichen Gebiet der Gemeinde Quillacolleño durchzuführen. Stefania Gurtner Fernández, Mitbegründerin der Organisation, berichtet, dass sie bisher 25 Kinder im Alter zwischen 6 und 11 Jahren betreut. Wie die Sozialreferentin erklärt, werden vorrangig Kinder unterstützt, die von Armut und Gewalt betroffen sind, insbesondere Kinder, die in der nächstgelegenen Schule in direkter Nachbarschaft, eingeschrieben sind.
"Im Moment arbeiten wir nur mit den Familien und der kleinen Schule in der Gegend", sagt sie. "Das Hauptziel ist, die Rechte und das Wohlergehen der Kinder durch gesunde Ernährung zu fördern, einen Beitrag für ihre Entwicklung zu leisten und sie in Bezug auf schulische Gewohnheiten und Pflichten anzuleiten." Das Projekt wird derzeit in einem ehemaligen Kinderheim durchgeführt, das 2021 geschlossen werden musste. Nach Ansicht des Teams von Indigo Sol war dies auf die mangelnde Unterstützung des Jugendamtes (Sedeges, jetzt Sedepos) und der städtischen Ombudsstellen zurückzuführen. Gurtner ist der Meinung, dass die frühere Einrichtung hätte weiterarbeiten können, wenn Vorschläge ausgearbeitet worden wären, um zu verhindern, dass noch mehr Kinder in Heimen untergebracht werden. Die mangelnde Kooperation der Behörden führte jedoch zur Schließung der Einrichtung und zur unvermeidlichen Verlegung der Kinder in andere private Heime oder bestenfalls zu ihrer Wiedereingliederung in die Großfamilie.
Dienstleistungen Die Vertreterin von Indigo Sol fügt hinzu, dass die Einrichtung neben der Verköstigung und dem Bildungsangebot auch kostenlose Rechtsberatung und psychologische Unterstützung anbietet, um den Familienzusammenhalt in Chojñacollo zu stärken Einer Diagnose der NRO zufolge handelt es sich bei den meisten Familien in dieser Region um Einelternfamilien, in denen nur eine Person (ein Elternteil oder ein Vormund) für den Lebensunterhalt der Kinder zuständig ist. Aufgrund des niedrigen Bildungsniveaus haben sowohl die Erwachsenen als auch ihre Kinder generell Probleme den Zugang zu Arbeitsstellen betreffend, die überdies auch ausreichende Einkommensmöglichkeiten bieten müssten. Dennoch gebe es keine anderen Organisationen, die umfassende Unterstützung anbieten. Im zweiten Jahr ihrer Tätigkeit sieht Indigo Sol jedoch einer viel versprechenden Zukunft entgegen, da sie eng mit anderen Institutionen wie einer Sammelstelle für Lebensmittel und Marie Stopes* Bolivia zusammenarbeitet. Gurtner verrät auch, dass zukünftig Programme, die Workshops in den Bereichen Backen, Kochen, Nähen und Schreinern anbieten, geplant sind.
Austausch Als gemeinnützige Einrichtung erreicht Indigo Sol seine Nachhaltigkeit durch das andine System der Gegenseitigkeit. "Die Eltern leisten einen symbolischen Beitrag für Lebensmittel und die Unterstützung durch Reinigungs-, Anbau-, Koch- und andere Arbeiten", sagt Gurtner. Sie verweist auch auf die uneigennützigen Freiwilligen und Fachleute als Eckpfeiler der erzielten Fortschritte. Für Spenden von Lebensmitteln, Schulmaterial oder Küchenutensilien - die sehr willkommen sind - können sich die Bürger unter der Telefonnummer 72227312 melden. * eine Organisation, die sowohl beratend als auch therapeutisch arbeitet, auch im Hinblick auf die Bewusstseinsförderung von sexuellen Verhaltensweisen.
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Liebe Freunde,
es ist bereits ein halbes Jahr vergangen, seit die letzten Mädchen und Jungen die Kinder- und Jugendwohngemeinschaft Tres Soles verlassen haben und in ihre Familien zurückgekehrt oder in anderen Heimen untergebracht worden sind. Unser „Nachbetreuungsteam", bestehend aus einer Sozialarbeiterin, einem Psychologen und einem Rechtsberater, durfte bei seinen regelmäßigen Besuchen feststellen, dass sich alle ohne größere Probleme in ihrem neuen Zuhause eingelebt haben.
Im nächsten Rundbrief werde ich einiges über die Entwicklung der ehemaligen Mädchen und Jungen der Kinder- und Jugendwohngemeinschaft Tres Soles und über weitere interessante Neuigkeiten berichten, die gerade im Entstehen sind. Da jedoch die Auflösung der Kinder- und Jugendwohngemeinschaft das Thema der letzten beiden Berichte war, möchte ich in diesem Rundbrief das Thema wechseln und den Fokus auf unser Studenten- und Lehrlingsheim Luis Espinal richten, das nach wie vor normal funktioniert.
In Luis Espinal leben 20 junge Frauen und Männer, die verschiedenen Berufsausbildungen an der Universität und in Lehrwerkstätten nachgehen. Außer dem Zimmer, das sie zur Verfügung haben, bekommen sie einen finanziellen Zuschuss, um ihre Lebenskosten zu decken, denn nach wie vor ist in Bolivien eine Berufsausbildung sehr kostspielig. Um die Früchte zu zeigen, die diese Arbeit mittlerweile trägt, werde ich diese Rundbriefe vermehrt nutzen, um von einigen besonderen Lebensgeschichten zu berichten.
Heute beginne ich mit Omar Callisaya:
Omar kam zusammen mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Edgar 1994 in die Kinder- und Jugendwohngemeinschaft Tres Soles. Die beiden waren die Jüngsten von sechs Geschwistern, die ein Jahr nach Omars Geburt ihre Mutter verloren hatten. „Wir bekamen eine Stiefmutter", erzählte er. „Der Vater schlug uns ständig und fesselte mich tagelang ans Bett, wenn ich unartig war." Omar war acht, als das Jugendamt eingriff, wirkte aber wie fünf oder sechs Jahre alt und hatte den für Unterernährung sehr typischen vorgewölbten Bauch. Omar war bisher weder in den Kindergarten noch in die Schule gegangen. Mir war von Anfang an aufgefallen, dass er ein ausgesprochen bildhaftes Vorstellungsvermögen hatte, dagegen war abstraktes Denken schwierig für ihn. Während vieler Jahre konnte er nur mithilfe von Steinchen oder Maiskörnern Rechenaufgaben lösen.
Von Anfang an nahm Omar an der Theatergruppe teil. Während er in Tres Soles lebte – und das waren immerhin 17 Jahre! – hat er kein einziges der Theaterstücke, die die projekteigene Theatergruppe Ojo Morado in jenen Jahren produziert hat, ausgelassen. In „Das Fantasieland", das erste Stück, in dem er mitgewirkt hat, spielte er eines der Fantasiewesen, die einen Schuhputzerjungen aus seinem elenden und grauen Leben in der Großstadt in ein buntes Fantasieland entführen. Unvergesslich bleiben mir die Rollen, die er als Neun- beziehungsweise als Elfjähriger im „Kleinen Prinzen" und im „Kinderkreuzzug" gespielt hat. Im Stück „Der kleine Prinz" setzt er sich als Huhn mit Eiern gegen einen Fuchs zur Wehr und verfährt ebenso mit dem ehrwürdigen Publikum im Stadttheater von La Paz, das er stellvertretend für die Gesellschaft mit Eiern bewirft. Im „Kinderkreuzzug" von Brecht befreit er als kleiner Clown die anderen Kinder aus der Gewalt ihrer Eltern, die einen unerbittlichen Krieg gegeneinander führen. Durch den Erfolg, den wir besonders mit diesen beiden letztgenannten Stücken hatten, lernte Omar gemeinsam mit seinen Mitspielern ganz Bolivien, die Nachbarländer Chile und Argentinien und schließlich sogar Deutschland und die Schweiz kennen.
Nach dem Abitur begann er mit einem Stipendium des Studenten- und Lehrlingsheims Luis Espinal eine Schauspielausbildung an der neu gegründeten Theaterfachschule in Santa Cruz. Inzwischen hat er seinen Weg als erfolgreicher Schauspieler gefunden, auch auf internationaler Ebene. Omar Callisaya war 2020 nicht nur auf dem Hamburger Festival in dem Film „Chaco" zu sehen, sondern auch in der Schweiz in dem erfolgreichen Stück „Palmasola". Das in Fachzeitschriften vielbesprochene Stück handelt von einem Gefängnis namens Palmasola in Sta. Cruz, einem „der berüchtigtsten Knäste" der Welt! Wegen der Pandemie musste die Tournee jedoch abgebrochen werden. Anfang des Jahres 2022 konnte sie schließlich in Deutschland fortgesetzt werden.
Barbara und Stefan Heumann, unsere Freunde und Betreiber unserer Internetseite, wohnen in Dachau und haben die Aufführung bei den Kammerspielen in München gesehen. An dieser Stelle möchten wir nicht nur ihnen herzlich für ihren unentwegten Einsatz danken, sondern auch Silvan Greverus, ohne dessen IT-Kenntnisse wir so manches nicht zuwege brächten.
Nachfolgend nun der interessante Bericht des Theaterbesuchs:
„Aufführungsort ist eine große Halle, die mehr oder weniger leer ist. Das Stück beginnt schon im Vorraum, wo wir dichtgedrängt auf den Einlass in das „Gefängnis" warten. Jeder erhält von Omar, dem Polizisten, einen Stempel auf die Hand, den man nicht entfernen darf, da man sonst nicht mehr aus der Halle, dem „Gefängnis", kommt. In der Halle angekommen vermisst man Stühle, um sich setzen zu können. Indem wir in der Halle herumstehen oder -laufen, spielen wir unbewusst die Gefangenen im Knast. Vier Schauspieler (3 Bolivianer bzw. Bolivianerinnen und ein Deutscher) spielen um und zwischen uns herum und zwingen die Gefangenen (Theaterbesucher) hin und her zu laufen, zu sprinten oder sich auch nur zu drehen, um das Geschehen zu verfolgen. Die Stadt im Gefängnis ist in Sektionen eingeteilt. Die spärlichen Bühnenaufbauten der Sektionen sind an verschiedenen Ecken der großen Halle zu finden. Die Brutalität, die die Schauspieler überzeugend zeigen, ist schon sehr bedruckend. Die Akteure sind die brutalen Anführer unterschiedlicher Gangs, die die Gefangenen, also uns Theaterbesucher, permanent drangsalieren und für ein bisschen Freizügigkeit Geld fordern. Ständig sind wir Zuschauer in Bewegung, um immer auf Höhe der Handlung zu sein. Manchmal muss man aufpassen, nicht umgerannt zu werden. Toll gemacht – nur für Wirbelsäulengeschädigte wie mich etwas schmerzhaft. Ich habe aber die 100 Minuten tapfer überstanden. Einige Zuschauer haben sich entlang der Wände, dort wo es Platz gab, auf den Boden gesetzt. Man konnte auch einen angebotenen Klappstuhl mit sich herumtragen, was aber bei der Bewegung des Stückes eher nicht sinnvoll war. Der Beifall war gigantisch. Es war wirklich eine tolle Performance. Die Schauspieler spielten in Spanisch, aber die deutsche Übersetzung wurde an drei Seitenwände projiziert. Nach der Vorstellung konnte man an die Schauspieler, an einen Journalisten (offensichtlich Bolivianer), an den Regisseur und an den Produzenten Fragen richten. Wir waren erstaunt, wie viele Zuschauer davon Gebrauch machten. Gegen 22:30h (Beginn war 19:30h) ging ein tolles Erlebnis zu Ende."
Auch in diesem Rundbrief kann ich nur wieder sagen: Vielen Dank für die moralische und finanzielle Unterstützung, die es uns erlaubt, auch im 33. Jahr seit Gründung weiterzuarbeiten.
Liebe Grüsse aus Bolivien,
Stefan und Guisela |

Liebe Freunde,
wie versprochen, sollt ihr nun Näheres über unsere Arbeit erfahren, unser neues Konzept und weitere wichtige Neuerungen.
Tres Soles:
Aus vielerlei Gründen, u.a. politisch motiviert, (ich habe darüber berichtet) konnte unser Projekt Tres Soles, so wie es konzipiert war, nicht mehr weitergeführt werden und wir mussten deshalb für jedes Kind Ende Jahr 2021 ein neues Zuhause finden. Seitdem werden sie von uns auch weiterhin in finanzieller und pädagogischer Hinsicht betreut; das gilt auch für das kommende Jahr 2023!
Uns war von Anfang an klar, dass nicht alle Bedürfnisse der Kinder in ihrem neuen Zuhause oder nur notdürftig erfüllt werden können. Wir versorgen sie deshalb mit Schulmaterial, Kleidung, Schuhen, im Krankheitsfall usw. entsprechend ihren Bedürfnissen. Für die Teilnahme am virtuellen Unterricht war Voraussetzung, dass die Kinder ein Handy besaßen, was bedeutete, dass wir zwei Kinder mit einem Handy ausstatten mussten. Zum wesentlichen Bestandteil unserer Besuche bei den Kindern gehören der Geburtstagsbesuch einschließlich der traditionellen Tres Soles Geburtstagstorte und der Besuch zu Weihnachten mit einem kleinen Geschenk von uns. Es ist für uns sehr befriedigend zu sehen, dass sich alle Kinder und Jugendlichen in ihrem neuen Zuhause stabilisiert haben und es ihnen gut geht. Die Kinder wurden in fünf verschiedenen Heimen untergebracht: Providencia, Tiquipaya Wasi, Rosa de Sarón, Arco Iris, Cristo Rey und Niños con Valor. Drei Geschwisterpaare leben wieder in ihren Familien.
Das Arco-Iris-Heim bat uns auf Grund unserer langjährigen Erfahrung um einen mehrtägigen Karten-Workshop, in dem die Jugendlichen lernen sollten, wie man Karten herstellt und bemalt. Da sich das Heim Arco Iris in einer besonders schlechten finanziellen Lage befindet, kam es ebenfalls mit der Bitte beziehungsweise Anfrage auf uns zu, ob unser Psychologe Alexej nicht einigen Jugendlichen dort Therapien anbieten könne. Diesen Bitten sind wir natürlich gerne nachgekommen. Leider hat uns auch in diesem Jahr Corona das Leben schwer gemacht, was vor allem für diese Besuche galt. Wir haben versucht, öffentliche Verkehrsmittel zu meiden. Unsere Mitarbeiter Alexei und Christian stellten uns dafür ihre Privatfahrzeuge zur Verfügung, so dass trotz aller Einschränkungen jedes Kind mehrere Male besucht werden konnte.
Wie man sich denken kann, mussten wir auf Grund der Veränderungen unseren Mitarbeiterstab verkleinern und einige Betreuerinnen und Betreuer freistellen, was nie unproblematisch ist. Alle haben jedoch zu unserer großen Erleichterung die angebotenen Sozialleistungen und Abfindungen akzeptiert. Allerdings könnten sie bis zu zwei Jahren nach Freistellung noch Ansprüche beim Arbeitsamt geltend machen, was hohe Kosten verursachen würde. Leider haben wir mit einer Mitarbeiterin schon seit Jahren Probleme und müssen für die Anwaltskosten und eine Abgangsentschädigung jedes Jahr Rückstellungen bilden. Der Fall wird derzeit vor einem Arbeitsgericht verhandelt. Hoffen wir, dass das Verfahren zu unseren Gunsten ausgeht, aber das Justizsystem in Bolivien ist sehr langsam und korrupt, und unangenehme Überraschungen sind nicht auszuschließen.
Luis Espinal:
In den letzten Monaten hat sich das Leben im Studentenwohnheim Luis Espinal allmählich wieder normalisiert. Mehrere Studenten und Lehrlinge sind zum Präsenzunterricht zurückgekehrt, was auch eine Rückkehr in das Wohnheim bedeutete. Insgesamt 22 junge Menschen erhielten ein Stipendium für die Ausbildung und die Verpflegung. Trotz der schwierigen Umstände haben sechs Frauen und Männer ihre Ausbildung in folgenden Berufen abgeschlossen: Wirtschaftsingenieurwesen, Informatik, Finanzingenieurwesen, Betriebswirtschaft, Politikwissenschaften und Biochemie/Pharmazie. Was uns besonders freut, ist der Umstand, dass sich unter ihnen Ruth Fernández befindet, die ein Studium zum Wirtschaftsingenieurwesen gemacht hat. Sie ist eine ehemalige Bewohnerin der Kinder- und Jugendwohngemeinschaft Tres Soles und die jüngere Schwester von Margarita und Omar, die uns 2013 auf unserer Theatertournee begleitet haben. Auch wenn die genannten Berufstitel hochgestochen klingen und in keiner Weise mit nordamerikanischem oder europäischem Niveau zu vergleichen sind, finden wir dies doch eine beachtliche Leistung.
Indigo Sol:
Auf Bitten der Schule Arturo Quitón und der Organisation Indigo Sol wurde ein Programm zur Unterstützung von Kindern, die von der Covid-19-Pandemie betroffen sind, mit täglichem Mittagessen und Nachhilfeunterricht eingerichtet. Zu diesem Zweck steht seit April das leerstehende Haus der ehemaligen Kinder- und Jugendgemeinschaft Tres Soles zur Verfügung. Es gibt jetzt viele “Covid-Waisen” und die von der Pandemie verursachte Wirtschaftskrise hat die finanzielle Grundlage vieler Familien zerstört.
Indigo Sol ist eine Organisation, die kürzlich gegründet wurde. Die Bewilligung der Rechtspersönlichkeit und der Statuten durch die Regionalregierung von Cochabamba steht kurz vor dem Abschluss, der zweijährige Prozess wurde von einer Rechtsberatung begleitet Die Idee ist, Indigo Sol unsere Gebäude zu übergeben, wenn der Vertrag mit dem Aussenministerium 2024 ausläuft, damit sie weiterhin für soziale Aktivitäten genutzt werden können, wie zum Beispiel für das Studenten- und Lehrlingsheim Luis Espinal oder den Mittagstisch und die Aufgabenhilfe für die Corona-Waisen. Mit Hilfe von Indigo Sol konnten wir nicht nur die nötigen Lebensmittel organisieren, sondern auch stundenweise eine Köchin anstellen.
Da es sich bei Indigo Sol um eine rein bolivianische Organisation handelt, ist seitens der staatlichen Behörden alles weit weniger kompliziert und bürokratisch. Im Gegensatz dazu war Tres Soles nach den Statuten eine Schweizer Organisation und wurde deshalb als ausländische Einrichtung von den bolivianischen Behörden seit der Machtübernahme von Evo Morales systematisch diskriminiert und schikaniert.
Abschied von St. Konrad/Neues Spendenkonto:
Wie alle wissen, hätte Tres Soles wohl nie all die Jahrzehnte überstehen können, wenn es nicht die Pfarrei St. Konrad in Mannheim gegeben hätte mit dem Missio/Eine-Welt-Kreis und seiner Vorsitzenden Magda Keller, die sich über Jahrzehnte hinweg unermüdlich für Tres Soles engagiert hat und Hermine Haag, die für die Buchhaltung und Spendenquittungen verantwortlich war. Aus Kirchen rechtlichen Gründen muss nun das Tres Soles Spendenkonto zum 31.12.2022 geschlossenwerden. Allerdings konnten wir ohne bürokratischen Aufwand zu einem bereits bestehenden sehr vertrauenswürdigem Spendenkontowechseln. Es handelt sich um den Bolivienverein Inti Runa (www.intiruna.org), gegründet 1993, dessen Vorsitzender der Fotograf Ludwig März ist. Für uns war es ein Glücksfall, dass wir ihn auf einer Theatertournee 1999 in Deutschland kennengelernt haben, denn seitdem wird Tres Soles von dem Verein jedes Jahr durch seinen Kalenderverkauf großzügig unterstützt. Das noch vorhandene Restgeld auf dem Mannheimer Konto wurde zum Jahresende ebenfalls auf das Konto von Inti Runa überwiesen. An dieser Stelle bitte ich mir nachzusehen, dass ich nicht weiter auf die geleistete Arbeit des Missio-Eine-Welt Kreis in St. Konrad, Mannheim eingehe. Zu gegebener Zeit wird das nachgeholt.
Wir können nur wiederholen, dass ohne eure grosszüge Hilfe, positive Energie und aufmunternden Rückmeldungen unsere lange Arbeit (in diesem Jahr sind es 33 Jahre!) nicht möglich gewesen wäre. Vielen, herzlichen Dank für alles!
Liebe Grüsse aus Bolivien,
Stefan und Guisela
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Liebe Freunde,
wie immer um diese Jahreszeit folgt mein Bericht über das Jahr, das zu Ende geht. Bedingt durch die Pandemie und die erneuten Quarantänen und Halbquarantänen konnte die Arbeit auch dieses Jahr nur unter schwierigsten Umständen durchgeführt werden, wie ihr euch vorstellen könnt. Die Schulen sind bis jetzt immer noch geschlossen. Es gab zwar digitalen Unterricht, der aber nur sehr schlecht funktionierte, weil das Internet instabil ist und viele Menschen nicht die nötigen Geräte hatten. Für unsere Kinder mussten wir die Computer von Tres Soles und Luis Espinal zusammenlegen, Kopfhörer und Mikrofone kaufen und unsere Handys zur Verfügung stellen, damit sie dem Unterricht beiwohnen konnten. Außerdem musste stundenweise ein Assistent eingestellt werden, um den Betrieb der Technik zu gewährleisten. Im April, zwischen der zweiten und dritten Corona-Welle, hatte jemand die geniale Idee, die Schüler gruppenweise in die Schule zu zitieren, um Prüfungen zu schreiben und Hausaufgaben abzuholen.
Prompt hat sich während dieser Gruppenaktivitäten in der Schule eines unserer Kinder mit dem Coronavirus angesteckt. Fünf Kinder und fast das gesamte Personal wurden daraufhin krank, auch meine ganze Familie und ich. Wie durch ein Wunder war unsere Enkelin Lucia die Einzige, die verschont wurde. Die betroffenen Kinder mussten auf Anweisung des Jugendamtes für drei Wochen im Covid-Isolierungszentrum von Quillacollo interniert werden. Guisela erwischte es am Schlimmsten und musste mit Sauerstoff versorgt werden. Schon vor dem Ausbruch der Krankheit hätte ich mich außerdem wegen eines Leistenbruchs operieren lassen sollen, was immer wieder verschoben wurde, bis es wirklich nicht mehr ging und es praktisch notfallmäßig geschehen musste. Aus diesem Grund musste ich mehrere Wochen meiner Arbeit fern bleiben, aber jetzt geht es uns Gott sei Dank allen wieder gut.
Die Aktivitäten in Tres Soles gingen natürlich weiter, wir konnten ja nicht einfach schließen, aber sie wurden auf ein absolutes Minimum reduziert. Die Einhaltung der strengen Schutz- und Hygienemaßnahmen waren sowohl für die Kinder als auch für die Betreuer mühsam. Unsere Kinder haben schon unter normalen Umständen Probleme mit der Körper- und Raumpflege, weshalb ich oft in diesem Zusammenhang von einem „Kleinkrieg“ gesprochen habe, der in einem vernünftigen Ausmaß Sauberkeit und Ordnung zum Ziel hatte. Der eine oder andere von euch mag sich sicherlich daran erinnern. Auch die Einkäufe und das Kochen fanden genau wie 2020 unter erschwerten Umständen statt. Wenn kein Gas vorhanden war, wurde eben im Hof auf dem Feuer gekocht. Zum Glück standen uns erneut unsere Tochter Fanny und unser Schwiegersohn Christian mit ihrem Auto zur Verfügung. Ohne ihre Mithilfe wäre eine Fortsetzung der Arbeit praktisch unmöglich gewesen und das Projekt sowie unsere Arbeit in Tres Soles hätten womöglich ein plötzliches, jähes, aber vor allem ungeplantes Ende gefunden, wobei ich beim nächsten Thema bin.
Im Juli-Rundbrief habe ich bereits ausführlich von unseren Plänen und den bevorstehenden Veränderungen in Tres Soles berichtet. Tatsächlich ist es uns gelungen, für alle Mädchen und Jungen angemessene Bedingungen der Unterbringung zu finden, ob im Heim oder in der Familie. So, wie es aussieht, werden uns also die letzten Kinder zum Jahresende verlassen. Was uns sehr entgegen kommt, sind die Bedingungen, die das Jugendamt an uns stellt. Es muss sichergestellt sein, dass es für mindestens ein Jahr eine soziale und rechtliche Nachbetreuung der Kinder und Jugendlichen geben wird und „dass möglicherweise anfallende materielle oder moralische Bedürfnisse“ dieser Kinder in ihrem neuen Zuhause gedeckt werden. Natürlich ist das reiner Eigennutz, da es ihnen sicherlich in erster Linie um die finanziellen Mittel geht, aber uns gibt es die Möglichkeit die Kinder und Jugendlichen auch weiterhin in ihren Bedürfnissen begleiten zu können, so dass sie sich nicht allein gelassen fühlen müssen.
Überdies müssen anhängige Verfahren, was den Austritt aus dem Register des Jugendamtes, des Arbeitsministeriums, der Altersvorsorge, der Krankenversicherung und der Steuerbehörden betrifft, abgeschlossen werden. Auch wird möglichen Ansprüchen oder Klagen auf Sozialleistungen für die ehemaligen Betreuer nachgegangen werden, da es leider immer wieder Leute gibt, die die Lage ausnutzen und höhere Abgangsentschädigungen und Sozialleistungen einfordern wollen, als ihnen gesetzlich zustehen. Für die Durchführung all dieser genannten Aktivitäten werden weiterhin vier Mitarbeiter, eigentlich Freiwillige, nötig sein: Guisela in der Koordination, eine Sozialarbeiterin, ein Psychologe und ein Rechtsberater. Eine weitere, im Moment zweitrangige Aufgabe wird die Frage der künftigen Nutzung des Hauses sein, das Eigentum von Tres Soles ist.
Nicht alles war jedoch nur Covid und Bürokratie in diesem Jahr. Im September, als die dritte Welle abflaute, konnten wir dank einer Freundin, die jährlich einen zweckgebundenen Betrag spendet, einen zweitägigen Ausflug zu einem See in der Nähe von Cochabamba organisieren. Wir mieteten drei Bungalows exklusiv für uns und waren also sozusagen in einer sicheren „Blase“. Nach so langer Zeit des „Eingesperrtseins“ konnten die Kinder und Jugendlichen endlich wieder einmal etwas Freiheit schnuppern und am Strand herumtoben. Zwar war das Wasser zum Baden zu kalt, aber es gab Boote, die gegen eine geringe Gebühr ausgeliehen werden konnten. Guisela und ich saßen am Abend lange mit den Kindern vor dem Kamin, um ihnen noch einmal in aller Ruhe die Gründe für unser Vorgehen zu erklären, während Fanny und Christian ein leckeres Grillgericht zubereiteten. Wir glauben, dass dieser Ausflug uns allen sehr gut getan hat.
Was das Studenten- und Lehrlingsheim Luis Espinal betrifft, so war das Haus auch dieses Jahr bis auf zwei Auszubildende wenig bewohnt, da alle ihre Ausbildung mittels digitalem Unterricht von zu Hause aus fortgeführt haben. Die Studien- und Verpflegungszuschüsse fielen natürlich dennoch an, ebenso wie die Kosten für das Haus und die Betriebskosten wie Löhne, Büromaterial, Reinigungsmaterial, Reparaturen usw. Wie ich bereits im letzten Rundbrief schrieb, haben wir die Absicht, die Arbeit im Studenten- und Lehrlingsheim, wenn auch unter etwas veränderten Bedingungen, fortzuführen.Die Auszahlung der Stipendien ist mindestens bis 2024 garantiert, aber natürlich benötigen wir auch Mittel zur Deckung anderer Betriebskosten wie Gehälter, Büromaterial, Reinigungsmittel, Reparaturen usw.
In diesem Sinn möchten wir unseren Appell, den wir schon im letzten Rundbrief ausgedrückt haben, wiederholen: Bitte unterstützt uns weiterhin, es gibt noch vieles zu tun, sowohl für die Kinder und Jugendlichen der Kinder- und Jugendwohngemeinschaft Tres Soles als auch im Studenten- und Lehrlingsheim. Was leider durch Covid ein bisschen untergangen ist, ist die Tatsache, dass das Studenten- und Lehrlingsheim dieses Jahr 25 Jahre alt geworden ist. Von 1996 bis 2008 wurde es von dem Jesuitenpater Antonio Sagristá verwaltet, ab 2009 ist es Teil von Tres Soles. Auch wäre es schön, wenn ihr an uns in diesen schwierigen Zeiten denkt, damit wir alles richtig machen und wir diese wichtigen Schritte und Veränderungen ohne größere Probleme hinter uns bringen können. Ohne eure großzöge Hilfe, positive Energie und aufmunternden Rückmeldungen, gerade auch nach dem letzten Rundbrief, wäre unsere Jahrzehnte lange Arbeit (in diesem Jahr sind es 32 Jahre) nicht möglich gewesen. Vielen, herzlichen Dank dafür!
Liebe Grüße aus Bolivien,
Stefan und Guisela
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